©K.Fleisch,L.Pill/Zsolnay,J.Stehlik
Die Neuen kommen! Literarische Debüts
DONNERSTAG, 23. JÄNNER 2020
Mit Marko Dinić, Tanja Raich & Barbara ZemanModeration: Klaus Zeyringer
Das wirklich schwierige Buch ist das zweite, heißt es in der Branche. Aber um zum zweiten zu gelangen, muss ein Anfang gemacht werden. Mut und definierter Wille der Roman-DebütantInnen, sich endgültig (natürlich haben alle bereits Publikationserfahrung in diversen Medien) in die Fänge des Literaturbetriebs zu begeben - mit all seinen Höhen und Niederungen - sollen an diesem Abend gewürdigt, ihr Antrieb hinterfragt werden.
Auszüge aus ihren Erstlingen, Pläne, Erwartungen, bislang gemachte Erfahrungen - das sind die Themen, zu denen die beiden Autorinnen und der Autor in Lesungen und Gespräch mit Moderator Klaus Zeyringer Stellung nehmen. Hoch haben sie alle drei die Latte jedenfalls mit ihren Erstromanen gelegt - über die Themenwahl sowie über die literarische Fertigkeit, die mit diesen Einzeltiteln ihr Potential noch deutlicher erkennen lassen als das in den bislang veröffentlichten Texten in Literaturzeitschriften, Anthologien etc. evident war.
Tanja Raich, in Meran (Italien) geboren, lebt und arbeitet seit 2005 in Wien, wo sie Germanistik und Geschichte studierte. Ihr Debütroman Jesolo wurde für den Österreichischen Buchpreis Debüt 2019 sowie für den Alpha Literaturpreis 2019 nominiert.
"Tanja Raich schreibt in knappen Sätzen mit viel Verständnis für alle ihre Figuren von der Zerrissenheit, die sich im Laufe des Erwachsenseins breit macht." (SPIEGEL ONLINE)
Es ist immer irgendwie gleich.
Der Geruch im Hotel, die Leute
auf den Liegen, der Handtuchverkäufer, die Speisekarte in
der Pizzeria. Wir haben nur ein
anderes Hotelzimmer und dieses
Mal keine Badewanne, sondern
eine Dusche ohne Türen und
Schimmel an den Wänden. Wir
sagen dann, dass es uns egal
ist, aber dass letztes Jahr noch
keine Plastikflaschen am Strand
gelegen sind, dass letztes Jahr
etwas weniger Algen im Meer
geschwommen sind.
(Aus: Jesolo, Blessing 2019)
Marko Dinić wurde in Wien geboren und verbrachte seine Kindheit und Jugend in Belgrad. Er studierte in Salzburg Germanistik und Jüdische Kulturgeschichte. Sein Romanerstling trägt den Titel Die guten Tage und erzählt "von einem, der geflohen ist und sich nun aufmacht, seine alte Heimat zu besuchen ... ein sprachmächtiges und bilderreiches Ereignis." (Katja Gasser, ORF)
Die Busse fuhren jeden Tag und
hielten auf ihrer Fahrt noch in
Wels, Linz, Wien, Budapest,
Subotica, Novi Sad, Belgrad und
Kragujevac. Ich war in Wien
eingestiegen. Die Gesichter
der grimmig dreinblickenden
Fahrer erhellten sich, als sie
mich beim Einsteigen erblickten.
Sie grüßten mich liebevoll, als
würden sie mich von früheren
Fahrten kennen, was aber nicht
sein konnte - ich war vor etwa
zehn Jahren das letzte Mal mit
einem Gastarbeiterexpress
gefahren, damals jedoch in die
entgegengesetzte Richtung.
(Aus: Die guten Tage, Zsolnay 2019)
Barbara Zeman, geboren in Eisenstadt/ Burgenland, lebt seit achtzehn Jahren in Wien, wo sie Geschichte studierte und als Journalistin arbeitete. Ihr Roman-Debüt erzählt in reicher Bildsprache das Leben des Zementfabrik-Erben Gotthold Immerjahn, der seine Villa zum Museum machen möchte. "Wer wissen will, ob das mit der Museumseröffnung klappt, wird sich dieses hervorragende Schelmenstück kaufen müssen." (Christian Schachinger, DER STANDARD)
Seine Gemäldesammlung war so
groß und der Hagebuttenberg war
mindestens zwanzig Jahre vollkommen abgeschottet gewesen,
und er fühlte sich unwohl bei dem
Gedanken an Hunderte, die um den
Brunnen am Vorplatz versammelt
standen und in sein Haus wollten.
Im Dorf raunte man, auf dem
Hagebuttenberg seien die Zimmer
der Nachfahren des Zementfabrikanten Benedickt Immerjahn sen.,
die Wände, die Böden mitsamt
der aus ihnen emporwachsenden
Möbel aus Zement gegossen.
(Aus: Immerjahn, Hoffmann und Campe 2019)
ORT:
Literaturhaus NÖ
Steiner Landstraße 3
3504 Stein/Krems
Literaturhaus NÖ
Steiner Landstraße 3
3504 Stein/Krems
BEGINN: 19.00 Uhr