©O.Wolf,H.Neubauer
Vom Benennen der Schwärze
Transflair. Donnerstag, 8.Oktober 2020
Mit Norbert Gstrein und Josef Haslinger

Zwei Doyens der österreichischen Gegenwartsliteratur bittet Moderator Klaus Zeyringer an den Transflair-Tisch, zwei vollkommen unterschiedlich gearbeitete Texturen liegen vor - und doch nähern sie sich im Kern einer gemeinsamen Aufgabe: dem Benennen des schwer Auszusprechenden, des Geheimnisses, das besser ungesagt bleiben soll. Weil das Benennen, das Sagen, das Verschriftlichen kompakt macht, was lieber im Nebel des Vagen verbleiben solle. Aber: Sobald man weiß, kann man nie mehr so tun, als wisse man nicht.


Vorausgesetzt, die tote Braut war nicht doch anders ums Leben gekommen, ist der Selbstmord des Professors in Jackson mein zweiter Selbstmord gewesen. Ich weiß, dass mit diesem Satz etwas nicht stimmt, aber in seiner paradoxen Formulierung trifft er meine Empfindungen am genauesten ...
(Aus: Norbert Gstrein, Als ich jung war, Hanser 2019)

Spektakulär gerade durch die unaufgeregte, präzise Sprache erzählt der Autor in seinem soghaften Gestus von Menschen, deren gut verhüllte Janusköpfigkeit atemberaubend ist.

Zu Norbert Gstrein:
"Auf unheimliche Weise gelungen! Was Gstrein antreibt, ist die Frage, wie viel ein Mensch über sich, über die eigenen Abgründe wissen kann." (DIE ZEIT)


Es wundert mich nicht, dass die meisten der bekanntgewordenen Missbrauchsfälle in den 60er und 70er Jahren geschahen, vor mehr als vierzig Jahren. Das mag daran liegen, dass ich nicht der Einzige bin, der erst im reifen Alter in die Lage kam, sich seinen Lebenslügen über den eigenen Missbrauch zu stellen.
(Aus: Josef Haslinger, Mein Fall, S. Fischer 2020)

Mit bewundernswertem Mut, einer ebensolchen Größe, sich jeder revanchistischen Anmutung zu enthalten, analytisch, selbstkritisch und ohne die spirituelle Herkunft zu denunzieren, setzt sich Josef Haslinger mit seiner Geschichte, der Geschichte des sexuellen Missbrauchs im Sängerknabenkonvikt Stift Zwettl, auseinander.

Zu Josef Haslinger:
"Haslinger ist dafür bekannt, dass seine Worte in ihrer Klarheit schwammige Befindlichkeitsmasse wie ein Messer durchschneiden, und dass er sich Themen widmet, von denen andere lieber ihre Finger lassen. Sensibilität und Gnadenlosigkeit gehen hier Hand in Hand - gerade auch im Umgang mit der eigenen Person." (ORF online)
LESUNG & GESPRÄCH

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